Ermessensentscheidung bei Regress wegen unzulässiger Off-Label-use-Verordnung
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Foerster
Umstritten war ein Arzneikosten Regress in Höhe von zwei 20.700 € wegen der Verordnung von Polyglobulin-Infusionslösungen in den Quartalen III/2001 bis II/2002.
Auf Antrag der klagenden Krankenkasse hatte der Prüfungsausschuss wegen der Verordnung von Polyglobulin-Infusionslösungen durch die beigeladene Gemeinschaftspraxis einen Regress in Höhe von vier 20.000 € festgesetzt. Dies wurde damit begründet, dass die Infusionslösungen weder generell noch im Fall der von der Praxis behandelten Patienten verordnungsfähig gewesen sei. Hiergegen hatte die Arztpraxis in Form der Gemeinschaftspraxis Widerspruch erhoben. Es wurde vorgetragen, dass bei der betroffenen Patienten keine Alternative Behandlung der chronischen Polyneuropathie mit Infusion bestanden habe.
Zutreffend hatte das Landessozialgericht dargelegt, dass die Prüfgremien auf der Grundlage des § 106 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes der Prüfvereinbarung einer Einzelfallprüfung durchführen durften. Gegenstand der Prüfung war hier die Zulässigkeit der Verordnung von Polyglobulin-Infusionslösungen zu Gunsten der Versicherten in den vier streitbefangenen Quartalen. Streitgegenstand ist bei unzulässigen Verordnungen eine verschuldensunabhängige Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung und nicht die Festsetzung eines sonstigen Schadens.
Aus den Gründen:
… Die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen unzulässiger bzw. rechtswidriger Verordnungen maßgeblichen Grundsätze lassen in vieler Hinsicht Raum für Erwägungen zur besonderen Behandlungssituation des Patienten, zu seiner Vorgeschichte und zum Ineinandergreifen von stationären und ambulanten Behandlungen. Im übrigen müssen die Prüfgremien nach der Sprecher des Senats sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Off-Label-use als auch im Hinblick auf die tatbestandliche Voraussetzungen des § zwei SGB V bzw. die dort kodifizierten Aussagen des Bundesverfassungsgerichts prüfen. Dabei ist entscheidend, ob der versicherte unter Berücksichtigung der bei ihm vorhandenen schwer wiegenden Gesundheitsstörung Anspruch auf die entsprechende Verordnung hatte…..
…
Die Ausführungen des Landessozialgerichts zur Rechtmäßigkeit des Regresses dem Grunde nach und zur Notwendigkeit der Ausübung von Ermessen zur Höhe bilden eine erkennbare Einheit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Verordnung von Infusionen durch die beigeladene Praxis anders beurteilt hätte, wenn es davon hätte ausgehen dürfen, dass Zweifel an der Vertretbarkeit der Verordnungen nicht durch eine Ermessensbetätigung des Beklagten zur Regresshöhe Rechnung getragen haben kann….
BSG vom 12.12.2018 zum Az. B 6 KA 13/18 B