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Pflegende Angehörige haben einen Anspruch auf Fortbildung gegenüber der Pflegekassen der Person, die sie tagtäglich versorgen. Dieses ist in §45 SGB XI gesetzlich normiert.

Was aber tun, wenn diese Fortbildungen während der Arbeitszeit des pflegenden Angehörigen angeboten wird. Besteht dann ein Anspruch auf Freistellung durch den Arbeitgeber, am besten mit Lohnausgleich?

§616 BGB sieht vor, dass der Arbeitnehmer bei vorübergehender Verhinderung seinen Lohnanspruch behält. Der Standardfall ist der der Krankheit. Im Laufe der Zeit wurde diese Regelung auch auf Krankheit von Kindern erweitert. Umstrittene war aber, ob dieses Recht des Arbeitnehmers auch Anwendung findet bei Krankheit pflegebedürftige Eltern. Durch Einführung des Pflegezeitgesetzes hat dieses der Gesetzgeber ausdrücklich positiv entschieden. Dem steht nicht entgegen, dass im Pflegezeitgesetz eine Weiterzahlung der Vergütung gerade nicht geregelt ist. Denn §2 Pflegezeitgesetz lässt andere Regelungen, wie hier den §616 BGB, unberührt.

Die Rechtsprechung überträgt nun die Wertung des Pflegezeitesetzes in das normale Arbeitsrecht und lässt Krankheit umsorgter Eltern als Verhinderung zu.

Auch wenn es noch keine verlässliche Rechtsprechung hierzu gibt, gibt es selbstverständlich eine zeitliche Obergrenze, ab wann der Vergütunganspruch des Arbeitnehmers dann doch entfällt. Die nach §616 maximal zulässige „nicht erhebliche Zeit“ dürfte bei mindestens fünf Tagen liegen, aller höchstens bei zehn Tagen. Spätestens dann also entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers.

Ob von dieser Regelung und Rechtsprechung nunmehr aber auch die Fortbildung eines Angehörigen umfasst ist, kann nicht mit letzter Sicherheit beantwortet werden. Rechtsprechung hierzu gibt es nicht. Entscheidend käme es darauf an, darzulegen, dass die Fortbildung durch die Pflegekassen zwingende Voraussetzung für die Pflege eines nahen Angehörigen sind. Mit anderen Worten müsste deutlich gemacht werden, dass ohne eine solche Fortbildung für den Arbeitnehmer die Inanspruchnahme freier Tage wegen Krankheit der Eltern nicht in Betracht käme. Das dürfte hinreichend schwierig sein zu begründen.

Die zweite, höhere Hürde liegt aber darin, dass die Pflege der Eltern sich deutlich von der Pflege eines kranken Kindes unterscheiden. Denn das erste ist ein Dauerzustand, das zweite ein vorübergehender, nicht planbarer akuter Zustand. Eine Analogie ist also sehr fraglich.

Im Ergebnis gehen wir davon aus, dass eine Freistellung unter Beibehaltung der Vergütung zum Besuch einer Fortbildungsveranstaltung nach §45 SGB XI nicht möglich sein dürfte.

Anders sieht es aus mit einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung ohne Bezüge. Dies würden wir noch vom Regelungsbereich des Pflegezeitgesetzes umfasst sehen.

Foerster, Rechtsamwalt
Stand: 18.05.2015