Koch Lemke Machacek PartGmbB

Behandlungspflicht auch bei Maskenverweigerung

Müssen Hausärzte¹ und Fachärzte Patienten behandeln, die ihre Praxis besuchen, ohne einen Mund-Nase-Schutz (MSN) zu tragen? Einfach mit Ja oder Nein lässt sich diese Frage nicht beantworten.

Hausrecht

Selbstverständlich üben Ärzte über Ihre Behandlungsräume das Hausrecht aus. In soweit steht Ihnen zunächst einmal vergleichbar einem Wirt, einem Frisör zu, einzelnen Menschen den Zutritt zu verweigern. Soweit sich der Arzt im Rahmen des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) bewegt, muss er hierfür noch nicht einmal einen Grund nennen. Verboten ist ihm – wie jedem anderen Dienstleister – die Diskriminierung wegen Herkunft, Rasse, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion, Weltanschauung, Alter und Behinderung. Diese Feststellung ist insoweit wichtig, als der Arzt auf dieser Basis bereits Corona-Leugnern den Zutritt verweigern kann.

Behandlungspflicht

Aber ein Arzt ist natürlich nicht ein ganz normaler Dienstleister. Er ist Teil der gesundheitlichen Versorgung und zumindest als Arzt mit kassenärztlicher Zulassung zur Versorgung verpflichtet. Vor diesem Hintergrund besteht eine grundsätzliche Behandlungspflicht, innerhalb derer der Arzt abwägen muss. Zwei Rechtsgüter stehen sich hier gegenüber:

Behandlungsnotwendigkeit des Maskenverweigerers ↔ Infektionsrisiko bei den anderen Patienten

Natürlich gehört hierhin auch der Eigenschutz des Arztes und der seiner Mitarbeiter, doch spielt dieser regelmäßig keine Rolle, da schon zuvor das Infektionsrisiko seiner (ggf. vorerkrankten) Patienten einen Ausschluss des Maskenverweigerers bedingen würde. Anders gesprochen: Es ist kaum eine Situation vorstellbar, in der der Arzt erst zum Eigenschutz / Schutz seiner Mitarbeiter einen Maskenverweigerer von der Behandlung ausschließen könnte, ohne zuvor diesen Schritt zum Schutz seiner (vulnerablen) Patienten schon getan zu haben.

Abwägung

Erst dann, wenn das Interesse des Maskenverweigerers an einer Behandlung das Risiko der anderen Patienten überwiegt, entsteht eine Behandlungspflicht des Arztes.

Zwei Beispiel sollen das verdeutlichen:

  • Ein bekennender Maskenverweigerer wird nach einem Verkehrsunfall beim nächstgelegenen Hausarzt eingeliefert. Der übernimmt die Erstversorgung … und muss es selbstverständlich auch tun.
  • Ein bekennender Maskenverweigerer kommt zum allgemeinen Gesundheitscheck. Er klagt über keine Symptome. Der Arzt verweigert die Untersuchung … zu Recht.

Zwischen diesen beiden, deutlich zuordenbaren Extremen liegt das Ermessen des Arztes. Dieses wiederum wird beeinflusst von mehreren Randaspekten. Beispielsweise seien genannt:

  • Wird der Arzt bevorzugt von vulnerablen Patienten aufgesucht (bspw. Geriater) oder überwiegend von Patienten, die kaum einer Risikogruppe angehören (bspw. Sportarzt)?
  • Steht in akzeptabler Nähe alternative ärztliche Versorgung zur Verfügung?
  • Hat der Patient ein ernsthaftes Interesse oder steht der Protest im Vordergrund?

Deutlich reduziert dürfte das Ermessen des Arztes in dem Fall sein, in dem ihn schon eine lange Arzt-Patienten-Beziehung bindet und(!) der Arzt aus dieser langjährigen Beziehung heraus über ein besonderes, patientenbezogenes Erfahrungswissen verfügt. Ein Beispiel wären Schmerzpatienten, Epilepsiepatienten u.ä.

Foerster, Rechtsanwalt

¹ Der besseren Lesbarkeit wegen wird hier nur die männliche Berufsbezeichnung angeführt. Gemeint ist damit immer auch die weibliche Form.