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Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils

Mitgeteilt von Ehemalige

Auch der betreuende Elternteil kann ein anderer Unterhaltspflichtiger Verwandter sein, wenn der Kindesunterhalt von ihm unter Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde.

Kann auch der an sich war Unterhalt Pflichtige Elternteil bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen.

 

Im vorliegenden Fall war der dreizehnjährige Sohn zum Vater gezogen. Dieser hatte die Kindesmutter auf Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 398 Euro verklagt. Nunmehr wird darum gestritten, ob sich der Kindsvater am Barunterhalt des Kindes beteiligen muss, streitig ist auch, in welcher Höhe.

Die Kindesmutter hatte Nettoeinkünfte in Höhe von ca. 2600 €. Hiervon mussten noch verschiedene Beträge abgezogen werden.

Der Kindsvater hatte Einkommen in Höhe von ca. 7000 €.

Das Gericht hatte zunächst geprüft, ob eine überobligatorische Tätigkeit vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn keine Erwerbsobliegenheit besteht und deshalb derjenige, der sie ausübt, unterhaltsrechtlich nicht daran gehindert ist, sie jederzeit zu beenden es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass beim Verwandtenunterhalt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur eingeschränkt zu berücksichtigen ist, wenn es auf einer überobligatorischen Tätigkeit beruht und eine vollständige Heranziehung des Einkommens zu Unterhaltszwecken gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Wer sich darauf beruft, muss grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben, er hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich tatsächlich auf die Erwerbsunfähigkeit auswirken.

Eine vollständige Heranziehung von Einkommen aus einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit ist regelmäßig nur dann angezeigt, wenn der Unterhaltspflichtiger einer gesteigerten Unterhaltspflicht unterliegt. Demnach ist auch das Einkommen aus einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit in vollem Umfang für den Kindesunterhalt einzusetzen, wenn anderenfalls der Mindestunterhalt gefährdet wäre. In welchem Umfang genau ein Einkommen aus überobligatorische Tätigkeit für den Unterhalt heranzuziehen ist, bestimmt der Tatrichter aufgrund einer umfassenden Würdigung der Einzelfallumstände.

Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass Ansprüchen Unterhaltsberechtigter kein allgemeiner Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen zukommt. Andererseits dürfen diese Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubigern, Unterhaltsschuldner und Drittgläubigern. Hierzu ist eine umfassende Interessenabwägung nach billigen Ermessen durchzuführen.

Richtig ist, dass der betreuende Elternteil auch als anderer Unterhaltspflichtiger Verwandter in Betracht kommt, wenn dieser in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessen Selbstbehalts aufbringen kann dies gilt insbesondere, wenn ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde.

Nach diesen Maßstäben kann dann die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zu Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre. Kann der barunterhaltspflichtige Elternteil demgegenüber auch bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt noch verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen.

Die Frage ist, wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt. Die unterhaltsrechtliche Belastung der Elternteile ist im Rahmen einer umfassenden Billigkeitsabwägung angemessen zu würdigen.

Wenn der betreuende Elternteil etwa über das dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des an sich Barunterhalt wichtigen Elternteils verfügt, nähert sich die Einkommensdifferenz an einer Grenze, an der es unter gewöhnlichen Umständen Billigkeit entsprechen kann, die betreuenden Elternteil auch dem Barunterhalt für das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen. Unterhalb dieser Schwelle könnte auch bei einer erheblichen Einkommensdifferenz eine vollständige Enthaftung des an sich bald als wichtigen Elternteils häufig ausscheiden.